Asset-Managern droht die Auswechslung

25. July 2024
Pressemitteilungen

Asset-Managern droht die Auswechslung

Beitrag aus der aktuellen Ausgabe der Immobilienzeitung von Monika Leykam.

Ein Immobilienvermögen von über 90 Mrd. Euro wird von Asset-Managern betreut, die ausgetauscht werden können, wenn es nicht mehr rund läuft. Und das ist immer öfter der Fall. Knappe Kapazitäten, Insolvenzen oder unzufriedene Anleger können der Auslöser für einen Wechsel beim Asset-Management sein.

Seit rund 20 Jahren können Asset-Manager ohne eigene Lizenz für die Auflage von Immobilienfonds eine externe Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) nutzen. Diese Innovation am Anlagemarkt brachte vielen Immobilienspezialisten erstmal einen breiten Zugang zu den gut gefüllten institutionellen Kapitalquellen. Die Neuerung brachte allen Seiten Vorteile: Viele Anleger bevorzugen regulierte Vehikel, möchten aber auf das Know-how von spezialisierten Immobilienprofis nicht verzichten. Die externe KVG konzentriert sich auf immobilienferne Services im Rahmen des Fondsmanagements, hält dadurch die Kosten niedrig und befreit den Asset-Manager von Bürokratie.

INTREAL ist der Marktführer unter den externen Immobilien-KVGs, betreut 154 sogenannte Partnerfonds mit einem Immobilienvermögen in Höhe von rund 35,4 Mrd. Euro. Platz zwei belegt Universal Investment mit 34,4 Mrd. Euro, gefolgt von Hansainvest mit 26,8 Mrd. Euro. der Markt für die KVG-Dienstleister wuchs über die Jahre massiv. Die Nullzinspolitik und der Investmentboom sorgt für steigende werte in den Portfolios. Selbst mittelmäßige Manager konnten so ihre Anleger zufriedenstellen. Und wenn der Fonds nicht rund läuft, wird der Asset-Manager ausgewechselt, lautete das Werbeversprechen für das Service-Model.

Da sich am Markt der Wind gedreht hat und immer mehr Objekte Probleme bekommen, könnte das Austausch-Versprechen der Service-KVGs endlich seinen Praxistest erleben – und womöglich anderen Anbietern neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen. Für INTREAL war es im März 2024 so weit. Da musste das Unternehmen für den Poolfonds D.i.i. Wohninvest und ein Individualmandat der PSD Bank Rhein Ruhr kurzfristig und unter hohem Zeitdruck einen neuen Manager besorgen. Die Holding der D.i.i.-Gruppe hatte Insolvenz angemeldet. Für ihre ersten Spezialfonds hatten die Wiesbadener als externe KVG INTREAL gebucht – das Asset-Management erledigten die Wohnspezialisten selbst. Jedenfalls bis zur Insolvenz.

An Kandidaten für die zu vergebenden Mandate habe es nicht gemangelt, berichtet INTREAL-Geschäftsführerin Camille Dufieux: „Es haben sich viele Asset-Manager beworben, außerdem rufen auch jenseits des konkreten D.i.i.-Mandats viele an, die uns sagen, sie wären bereit, falls ein Manager ausfällt.“ Vermutlich sei das Interesse deswegen so hoch, weil am Transaktionsmarkt momentan wenig passiert und die Unternehmen das mit neuen Mandaten ausgleichen möchten. „Die Marktsituation verschafft dem Thema Bedeutung. Wir gehen davon aus, dass es zu weiteren Managerwechseln kommen könnte.“

Frank Müller, Rechtsanwalt und Partner bei MCDermott Will & Emery sowie Berater von Fondsgesellschaften, Investoren und Asset-Managern, beobachtet den Trend ebenfalls: „Mit dem Manageraustausch beschäftigen wir uns schon seit mehreren Jahren. Viele Asset-Manager interessieren sich sehr dafür, auf diese Weise neue Mandate zu gewinnen, um so ihr betreutes Vermögen zu erweitern.“ Ob aus dem Geschäftsinteresse dann tatsächlich ein Megatrend wird, ist für Müller aber noch nicht ausgemacht. „Wir sehen bislang wenige Wechsel.“ Vielleicht auch deshalb, weil dieser Prozess in der Praxis viel Arbeit macht – anders, als es beim Start des Fondspartner-Modells viele Glaubten. „Bei der Trennung von KVG und Manager wurde geworben, dass man den Manager einfach austauschen könne“, erinnert sich Patrick Brinker, Head of Real Estate Investment Management bei Hauck Aufhäuser Lampe (HAL). „Aber in der Praxis ist das überhaupt nicht einfach.“

Der Fondsexperte und Berater Sebastian Lohmer beschreibt den Manageraustausch als „formaljuristisch unproblematisch, aber operativ ein Riesenthema“. Unentdeckte Fehler des alten Managers würden erfahrungsgemäß erst bei der Einarbeitung des neuen entdeckt: „Da schwimmen plötzlich Leichen an der Oberfläche, von denen vorher keiner wusste. Für die KVG, die letztlich haftet, ist das immer unangenehm.“

Außerdem sind viele Managementmandate, die gerade am Markt zu haben wären, nach Einschätzung von Brinkers ein eher mühsames Geschäft. „Wir beobachten immer wieder Pitches, in denen es darum geht, möglicherweise den Manager auszutauschen. Aber bei manchen heruntergewirtschafteten Beständen sollte man sich genau überlegen, ob man das Mandat wirklich will.“

Brinkers Immobilienmanagement-Plattform bei HAL stehe dennoch grundsätzlich bereit, sich auch mit problematischen Themen zu beschäftigen, bekräftigt er. „Aufgrund unseres Fokus auf Asset-Management sind schwierige Mandate eigentlich genau richtig bei uns.“ Auch Michael Denk, Chef des Fondsspezialisten Quadoro, nimmt die Herausforderung an. „Wir haben die Kapazitäten und die Lizenz für offene und geschlossene Publikums- und Spezialfonds, wir wollen und können weitere Mandate übernehmen – auch wenn es ein schwieriges Thema ist“, sagt er. Den Beweis für Letzteres hat Quadoro bereits angetreten: Seit November 2023 ist das Unternehmen für drei geschlossene Fonds der gescheiterten Fonds-KVG PI Pro Investor zuständig. Seitdem hat er sich mit Anlegerprotesten, Rechtsstreitigkeiten und völlig heruntergewirtschafteten Häusern herumgeschlafen.

Denk erwartet weitere Wechsel bei der Betreuung von Immobilienfonds, sowohl bei den Asset-Managern als auch bei den KVGs. „Bei manchen Verwaltern werden wirtschaftliche Probleme entstehen, die das erzwingen.“ Auch die eine oder andere KVG, die nur ein paar Fonds verwaltet, könne von Insolvenz bedroht sein. „Der Immobilienmarkt bietet momentan mannigfaltige Möglichkeiten dafür, dass etwas schiefläuft.“

Was den Umgang mit solchen Problemen nicht einfach macht, sind fehlende Vorgaben für die Prozesse beim Übergang. Das 2013 in Kraft getretene Kapitalanlagegesetzbuch, das sehr viele Aspekte bis in die letzte Kommastelle reguliert, enthält für den Fall, dass ein ausgelagerter Immobilienmanager einmal ausgetauscht werden muss, nämlich keine Richtlinien.

Fragt man Camille Dufieux, wer bei offenen Spezialfonds mit mehreren Anlegern letztlich über den Managerwechsel bestimmt, fällt die Antwort entsprechend lang aus: „Die Anleger müssen für diesen Prozess selbst organisieren – zum Beispiel in der Frage, ob solche Entscheidungen einstimmig fallen müssen oder nicht. Rein rechtlich gesehen sprechen Anleger gegenüber der KVG eine Empfehlung aus und die KVG entscheidet dann. Allerdings unterliegen alle Handlungen der KVG dem Primat, die Interessen der Anleger bestmöglich zu vertreten. Also sind es faktisch doch die Anleger, die entscheiden.“

Jedenfalls dann, wenn sie sich einig werden, muss man ergänzen. „Hätten die Anleger es nicht geschafft, eine Empfehlung für einen neuen Asset-Manager auszusprechen, hätte die KVG diese Entscheidung getroffen und dabei nach bestem Wissen und Gewissen das Interesse der meisten Anleger berücksichtigt“, so Dufieux.

Noch komplizierter wird der Prozess wenn der Asset-Manager nicht ausfällt, aber nach Meinung der Anleger schlecht performt. Die Verträge zwischen der externen KVG und dem Asset-Manager sind nämlich in diesem Fall gar nicht so leicht zu lösen, wie die KVG-Werbebotschaft zum Fondspartnermodell auf den ersten Blick nahelegt. Und das aus guten Gründen, sagt Rechtsanwalt Frank Müller: „Einen Großteil seiner Leistung erbringt der Manager am Anfang der Fondslaufzeit: Er setzt die Strategie auf, konzipiert den Fonds sowie ein passendes Seed-Portfolio und überzeugt die Anleger von sich und seiner Strategie. Das ist viel Arbeit, die sich erst über die Zeit refinanziert. Daher schließt er Verträge mit möglichst langer Laufzeit ab. Aus meiner Sicht idealerweise für die Gesamtlaufzeit des Fonds.“

Müller ist überzeugt: „Wenn der Asset-Manager seine Verträge richtig gestaltet, gibt es für den Investor kaum eine Ausstiegsmöglichkeit ohne einen erheblichen Grund. Alle Beteiligten scheuen in der Regel eine Eskalation, die für alle mit zeitlichem und finanziellem Aufwand einhergeht und Risiken birgt.“ Eine außerordentliche Kündigung bedinge, dass ein Festhalten am Vertrag unzumutbar wäre. „Das gerichtsfest zu begründen, ist sehr schwer!“

Gründe gäbe es indes durchaus. „Eine schlechte Wertentwicklung der Immobilien und schlechtes Krisenmanagement sowie fehlende Transparenz und Kommunikation.“, zählt Patrick Brinker von HAL als potenzielle Kündigungsgründe für Anleger auf, die sich die Mühe machen wollen, aus dem Vertrag auszusteigen. Belegen ließen sich solche Gründe Brinkers Einschätzungen nach etwa im Zuge einer fehlerhaften Ankaufsprüfung, mit nachweislich nicht behobenen Problemen, die zu Folgeschäden oder Mietausfällen führen, oder mit fehlerhaften Mietverträgen. „Diese Fehler zu dokumentieren, bleibt jedoch eine Sisyphusarbeit.“

Außerdem seien solche Kündigungsgründe in der Praxis „schwer justiziabel“, schränkt Müller ein. Und erfahrungsgemäß versuchten sich die Manager dann gerne „mit dem Verweis aus der Verantwortung zu ziehen, dass sie letztlich nur beratende Funktion haben, während die KVG als Eigentümerin der Immobilien und Fondsmanagerin die Entscheidungen trifft.“

Auch in Zukunft wird die Trennung vom Asset-Manager wohl nicht einfacher werden, schätzt INTREAL-Chefin Dufieux: „Der Manager wird immer auf einer festen Mindestlaufzeit und auf einer Vertragsstrafe bei vorzeitiger Beendigung des Mandats bestehen.“ Das sieht Mario Leißner, erfahrener Fondsanwalt und Aufsichtsrat in mehreren KVGs, etwas anders. „ Die etablierten großen Manager werden wohl weiterhin auf lange Verträge bestehen. Aber es gibt eine Reihe von jungen, hungrigen Firmen am Mark, mit denen sicher andere Vereinbarungen möglich wären. Zum Beispiel, indem man kurze Kündigungsfristen mit profitablen Performance-Fees kombiniert.“ Überhaupt sei es wichtig, eine mögliche Trennung zwischen Fonds und Asset-Manager schon beim ersten Gespräch unter allen Parteien durchzudenken und auszuverhandeln. „Das rate ich dringend, um Auseinandersetzungen zu vermeiden.“

Dass die Ausgestaltung der Managementverträge in Zukunft wichtiger wird, erwartet auch Dufieux. „Anleger werden sich dafür sicherlich mehr interessieren als in der Vergangenheit. Und sie werden mehr auf die Leistung des Managers achten.“ Gerade deutsche Institutionelle hätten den Erfolg ihres Managers vor allem an der Entwicklung der Verkehrswerte abgelesen. „Aber diese Werte sind einige Zeit lang gestiegen, ohne dass der Manager viel dafür leisten musste.“

Annika Dylong, Geschäftsführerin der INTREAL-Beratungstochter REAX Advisory, rechnet künftig mit mehr Performance-Kennzahlen in den Verträgen: „Die Investoren werden mehr Interesse an einer leistungsorientierten Vergütung haben, die an Faktoren wie Vermietungserfolgen und Einhaltung der Renditeziele gekoppelt ist. Ich sehe auch eine Bereitschaft bei den Asset-Managern, da mitzugehen.“

Fondsanwalt Leißner erinnert die Investoren in diesem Zusammenhang an ihre Eigenverantwortung. „Seitdem spezialisierte Asset-Manager dank der externen KVGs für Fonds verfügbar sind, wählen die Anleger ihre Manager und Strategien viel gezielter aus als früher. Sie sind aber unterschiedlich gut informiert“, sagte er. Wer die vergangenen Jahre nicht wahrnehmen wollte, wie sich der Markt entwickelt hat, sei möglicherweise jetzt unzufrieden mit seinem alten Manager. „Obwohl der nur die Strategie umgesetzt hat, die der Anleger wollte.“

Der Markteinbruch hat außerdem auch in den Bilanzen der Dienstleister seine Spuren hinterlassen. So könnte der ein oder andere zukünftige Manager-Austausch eher deswegen stattfinden, weil der bisherige nicht mehr genügend Leute bezahlen kann, um seine Aufgaben zu erfüllen. „Viele kleine Asset-Manager, aber auch KVGs, die zu klein geblieben sind, bluten gerade regelrecht aus“, bestätigt Fondsexperte und Berater Sebastian Lohmer Denks Prognose. „Das Geschäft dieser Branche rechnet sich ganz überwiegend aus den Transaktionsgebühren, die sie bei jedem Deal erheben“, erklärt er. Wenn die Transaktionsaktivitäten nicht bald wieder anziehen, werden noch mehr Ausfälle zu beobachten sein, glaubt er.

Wenn ein Manager Immobilien im Wert von vielen Millionen Euro betreue und immer mehr Probleme auftreten, stelle sich schnell die Kapazitätsfrage, sagt Patrick Brinker. „denn erfahrungsgemäß fordern Notsituationen bis zum 20fachen des Personalaufwands, der im Normalbetrieb ausreicht. Ich denk, die Kapazitätsfrage wird daher der wirksamste Hebel für einen Managerwechsel sein.“

Für Rechtsanwalt Müller hängt die weitere Entwicklung vor allem davon ab, wie lange die momentane Durststrecke am Markt noch anhält und so die Firmen über ihre Belastungsgrenze treibt. „Konkret wird das Thema häufig erst, wenn ein Manager insolvent ist oder anderweitig in erheblichen Schwierigkeiten steckt. Ansonsten rechne ich derzeit nicht damit, dass es zu einer Vielzahl von Manager-Wechseln kommen wird.“

Laut Dylong von REAX Advisory könnte jedoch genau dieses Szenario Wirklichkeit werden. „Einiges spricht dafür. Die Insolvenzzahlen steigen, gerade im Dienstleistungssektor. Und die Frage, wie zufrieden der Anleger mit der Qualität seines Dienstleisters ist, taucht auch häufiger auf“, berichtet sie. Die Qualität der Managementleistung sei durch das Controlling der KVG und den laufenden Datenaustausch dokumentierbar. „Die KVGs legen darauf seit zwei Jahren auch mehr Gewicht, die Frequenz der abgefragten Updates steigt.“

Brinker sieht den Haupttreiber für die künftigen Entwicklungen in der Stimmung unter den Investoren. Und die sei nicht mehr überall gut. „Ob die Welle tatsächlich kommt, hängt davon ab, wie groß die Not bei den Anlegern wird. Ich kann mir schon vorstellen, dass zum Teil so viel Vertrauen beschädigt wurde, dass die Partner miteinander nicht weitermachen wollen.“

Anwalt Leißner drückt es noch drastischer aus: „Die Anleger sind auf Krawall gebürstet. Und die momentane Marktsituation sorgt noch für zusätzlichen Sprengstoff. Ein Managerwechsel ist da noch die mildeste Variante der möglichen Eskalation.“

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